Besser Barhuf?
"Wer auch immer es gewesen sein mag, der die Hufbeschlagpraxis eingeführt hat - er konnte nicht ahnen, dass er damit die Grundlage für mehr Tierleid legte, als ein Mensch je verursachen könnte, denn es sind in den 12 oder 13 Jahrhunderten seiner Anwendung nicht nur unzählige Mengen an Pferdefüssen verletzt und geschädigt, sondern auch noch die Pferde für ihre -dadurch bedingten- Gehprobleme bestraft worden.
Bracy Clark in "An Essay on the knowledge of the ancients respecting the art of shoeing the horse" (England, 1831)
Das Thema Hufbeschlag ist unter Pferdehaltern, Reitern und Tierärzten eines der am häufigsten kontrovers diskutierten Probleme, ohne dabei wissenschaftlich begründete Argumente zu verwenden.
Im Mittelalter, als der Hufbeschlag erfunden wurde, waren anatomische Gegebenheiten und physiologische Funktionen des Körpers von Mensch und Tier weitgehend unbekannt.
Erstaunlicherweise werden die im Laufe der Jahrhunderte erworbenen medizinischen Erkenntnisse bis heute nicht in die Betrachtungen um die Hufgesundheit einbezogen. Wie der noch heute übliche Hufbeschlag beweist, diktieren diesbezüglich immer noch mittelalterliche Vorstellungen anstelle moderner, wissenschaftlicher Erkenntnisse die Hufbehandlung.
Das Ergebnis beklagen alle: ein Reitpferd in Mitteleuropa hat eine statistische Lebenserwartung von knapp 11 Jahren, wobei die Hauptabgangsursache laut Statistik der Pferdeversicherer in der Erkrankung der Gliedmassen zu suchen ist.
Die natürliche Lebenserwartung eines Pferdes in einem pferdegerechten Biotop beträgt dagegen 30-40 Jahre.
Diese Diskrepanz ist zum Einen auf katastrophale Haltungsbedingungen des Flucht- und Steppentieres Pferd zurückzuführen, zum Anderen auf die oben beschriebene unwissenschaftliche Bearbeitung der Hufe und die daraus resultierenden Folgen für den Bewegungsapparat und den Gesamtorganismus des Pferdes.
Um die Wichtigkeit eines gesunden Hufes für das allgemeine Wohlbefinden des Pferdes richtig einschätzen zu können, ist es notwendig, die Funktion des Hufes zu kennen.
Die Hauptaufgaben des Hufes für den Gesamtorganismus sind:
- Stoßdämpfung
- Blutpumpe
- Sicherheit beim Auffußen auf jedem Grund
- Stoffwechsel- bzw. Ausscheidungsorgan (für Abfalleiweiß)
Diese Aufgaben kann jedoch nur ein unbeschlagener Huf korrekt erfüllen, da durch den Beschlag die Durchblutung im Huf stark eingeschränkt ist, was zu verminderter Nerventätigkeit führt.
Dies hat zur Folge, dass das Pferd nicht den Boden und dessen Unebenheiten spürt, was zu Schädigungen des gesamten Bewegungsapparates führen kann.
Des weiteren führt Mangeldurchblutung zu vermindertem Stoffwechsel, was eine immense Belastung für die Ausscheidungsorgane Leber, Nieren und Haut bedeutet.
Man sieht alleine an diesen wenigen Punkten, welche Gefahren ein Beschlagen der Hufe für die Gesamtgesundheit des Pferdes hat.
Es reicht jedoch nicht aus, die Hufe unbeschlagen zu lassen und sie ab und an zu kürzen.
Das Kürzen, sprich das Bearbeiten des Hufes hat so zu erfolgen, das eine physiologisch korrekte Form hergestellt wird.
Das heißt, dass unter anderem die Winkel der vorderen Zehenkontur beim Vorderhuf 45° und beim Hinterhuf 55° betragen sollten, während der Kronrandwinkel immer 30° zu betragen hat.
Diese Parameter werden nicht wahllos festgelegt, sondern basieren auf wissenschaftlichen Untersuchungen und Beobachtungen, wobei man das Rad nicht neu erfinden musste, sondern lediglich der Natur auf die Finger bzw. Hufe geschaut hat.
Diese Winkel der Hufe entsprechen nämlich exakt denen von Wildpferden und sie sind weltweit bei allen Pferderassen gleich; von den wilden Mustangs Nordamerikas über die Pferde der mongolischen Steppen Asiens, bis zu den letzten deutschen Wildpferden, den Dülmenern.
Diese Hufform ist das Ergebnis von über 60 Millionen Jahren Evolution beim Equiden.
Wäre diese Hufform nicht das Optimum für das Pferd, wäre die Evolution in diesem Bereich andere Wege gegangen.
Abschließend möchte ich noch daraufhin weisen, das jedes Pferd, jeder Rasse, auf jedem Untergrund (auch Schotter und Asphalt) unbeschlagen geritten oder gefahren werden kann.
Voraussetzung dafür ist eine artgerechte Haltung mit genügend Bewegung, eine artgerechte Fütterung und eine Hufpflege, welche die physiologisch korrekte Form herstellt und erhält.